alt-lutherische Kirche

Außer der evangelischen Kirche gab es im Ort noch eine alt-lutherische Kirche, erbaut 1874. Den Gottesdienst hielt alle drei Wochen ein Geistlicher aus Freystadt. Ab 1914 gab es nur noch wenige alt-lutherische im Dorf. Nach dem Krieg wurde diese Kirche für die katholischen Gottesdienste von den Polen genutzt. Die Kirche steht heute noch. Die Fenster wurden in den letzten Jahren erneuert und es werden Spenden für die Renovierung gesammelt.

September 2023

Bei unserem Besuch im September konnten wir uns auch die alt-lutherische Kirche in Friedersdorf von innen ansehen. Wie die Kirche in der Zukunft genutzt werden soll, steht noch nicht fest. An den Seitenwänden der Empore waren Bibelsprüche aufgeschrieben, die aber leider nicht mehr lesbar sind. Von Herrn Edward Zys aus Sorau erhielt ich Fotos aus 2017, auf einem Foto ist ein Spruch an der Wand zu sehen, der lautet "Amen, ja komm Herr Jesu".

Die beigefügten Fotos von einer alten Bibel, die wahrscheinlich zu Lesegottesdiensten genutzt wurde, habe ich von Werner Lehmann, früher Haus 72, erhalten. Er selber erhielt die Bibel bei einem früheren Besuch in Friedersdorf von einem Nachbarn der Kirche. 

 

Gründung der alt-lutherischen Kirche

1974 schrieb Frau Edelgard Wilhelm, geb. Britze an Herrn Rudolph

"Die alt-lutherische Kirche ist von meiner Ur-Großmutter Anna Maria Hentschke gegründet worden. Anna Maria Hentschke wurde 1788 in Laubnitz geboren und war mit Siegmund Hentschke, geb. 1784 in Friedersdorf, verheiratet. Sie ist aus der evangelischen Kirche ausgetreten und hat Geld für die alt-lutherische Kirche gesammelt. Bis zu ihrer Fertigstellung wurde der Gottesdienst auf dem alten Hentschke-Hof abgehalten (Nr. 51 im Ortsplan). Meine Ur-Großmutter Hentschke hatte sieben Kinder, die fünf Jüngsten hat sie zum lutherischen Glauben bekehrt. Ihr Mann und die zwei ältesten Kinder sind aber evangelisch geblieben."

Frau Ida Krause, geb. Schulz schrieb 1974

"Die alt-lutherische Kirche stand auf dem Grundstück meiner Großeltern August und Ernestine Bräuniger (Haus Nr. 73 Ortsplan). Ich wurde in Friedersdorf nur "Bräunigers Ida" genannt. Wann unsere alt-lutherische Kirche erbaut wurde, ist mir entfallen. Ich erinnere mich aber an die Rede meiner von meiner Mutter, geb. 1873, dass sie mit 15 Jahren so schwer arbeiten musste, Handlangerdienste leisten. Als Konfirmanden mussten sie nämlich nach Reinswalde, dort hatten sie im letzten Jahr Unterricht bis zur Konfirmation und blieben die ganze Zeit drüben bei Verwandten. Das war recht umständlich, deshalb hat man sich wohl zum Kirchbau in Friedersdorf entschlossen. Das dortige Kirchspiel umfasste ja dann Berthelsdorf, Sablath (später Raudenberg) Billendorf, Wutschdorf, Königl. Dubrau und Benau-Niederdorf. - Soviel ich mich entsinne, standen da immer Fahrrad an Fahrrad am Zaun und in meiner Großeltern ihrer Scheune. Die hatten anständige Wege und Fahrten zu überwinden und waren meist jeden Sonntag da, auch bei Lesegottesdiensten." 

aus der Ortskunde von Friedersdorf vom 01.11.1932, Nr. 8 von Ferdinand Mettke

"Die Union (Vereinigung verschiedener protestantischer Konfessionen, 1817) unter Friederich Wilhelm III. vollzog sich ohne Schwierigkeiten; jedoch sonderten sich in Schlesien etwa 5000 Altlutheraner ab, die sich durch diese Neuerung in ihrem Glauben beengt fühlten. Anfänglich wurden sie von den staatlichgen Behörden nicht anerkannt und mehrfach hart bedrängt. Die Geistlichen dieser Lehre wurden gefangen gesetzt. Friedrich Wilhelm IV. gewährte ihnen ab 1847 Duldung, die Prediger wurden aus der Haft entlassen. Der Geistliche aus Freystadt in Schlesien kehrte 1840 zu seiner altlutherischen Gemeinde zurück. Er wollte mehr Anhänger für diese Glaubensrichtung gewinnen. Er reiste in den Dörfern umher und warb für sein Bekenntnis. In vielen schlesischen und an der schlesischen Grenze liegenden Dörfern fand er zahlreichen Anhang, auch in Reinswalde und Friedersdorf. Die lutherische Lehre sagte den frommen Leuten zu. Zuerst unterstanden alle lutherischen Gemeinden dem Geistlichen in Freystadt, dann dem von Guben. Die Konfirmanden mussten im letzten Vierteljahr ihrer Schulzeit zuerst nach Freystadt, dann nach Guben übersiedeln. Diese Schwierigkeiten führten mit zur Errichtung der altlutherischen Kirche, des Pfarrsitzes und der dreiklassigen altlutherischen Schule in Reinswalde. 

Im Jahr 1874 erbaute sich die altlutherische Gemeinde in Friedersdorf selbst eine kleine Kirche, die heute noch ohne Turm steht. In der ersten Zeit kam der Geistliche von Freystadt alle drei Wochen herüber, um die Sonntagspredigt zu halten. Schon am Tag vorher fanden Abendandachten statt. Die Kirche war mit Lutheranern gefüllt und mit noch mehr Evangelischen. Die Hoffnung der Altlutheraner, sie würden hier die größte Gemeinde werden, schien sich zu erfüllen. Als aber nach einem Gottesdienst ein Mädchen Kirchenbuße vor der altlutherischen Gemeinde tun musste, welches nach der Lehre aber nur vor der eigenen Gemeinde geschehen konnte, forderte der Geistliche die Evangelischen auf, die Kirche zu verlassen. Der Entwicklung der Altlutheraner war damit ein Ziel gesetzt. "Er hat uns hinausgeworfen, nun gehen wir nicht mehr hin!" Die Schwierigkeit des Kirchen- und Schulbesuches trug zum Rückgang der Lehre wesentlich bei. Jetzt sind nur noch wenige altlutherische Familien vorhanden."