Schützengilde

1803 wurde der Schützenverein, die Friedersdorfer Schützengilde, gegründet. Bis 1945 besaß die Gilde noch die alte, aus der sächsischen Zeit stammende Fahne, die bei besonderen Anlässen mitgeführt wurde. Diese und zwei weitere Fahnen der Gilde wurden im Friedersdorfer „Schloß“ im Fahnenschrank aufbewahrt und standen unter der Obhut des Schützenmajors und Gutsherren Jaenicke-Rößler. Der Schießstand der Gilde war mit einem Schießhaus verbunden. Dort wurde seit 1914 nach der Scheibe geschossen, während der Friedersdorfer Kriegerverein, gegr. 1882, mit der Armbrust nach dem Vogel auf der Stange schoss. Der Schützenplatz war dort, wo sich der Sportplatz mit der Turnhalle befindet.

Hier in der Nachbarschaft vom „Kleinen Schloss“, Altersruhesitz der Gutsherrschaft, und des Gutshofs fand alljährlich, ungefähr in der Zeit vom 13. bis 22. September an drei Tagen die Kirmes statt, mit Umzügen durch das Dorf in Schützenuniform und mit Fahnen. Ein beliebtes Ereignis für alle Dorfbewohner. Verwandte aus Nah und Fern reisten zur Kirmes an.

Einen ausführlichen Bericht zur Friedersdorfer Schützengilde, aufgeschrieben von Oskar Märkisch, veröffentlicht im Sorauer Heimatblatt 1977, ist angefügt. 

aus dem Sorauer Heimatblatt 09 1961 - Drei tolle Tage in Friedersdorf

von Gerhard Schulz

"Um es kurz zu sagen: Auch Friedersdorf hatte jedes Jahr seine drei tollen Tage. Sie fielen etwa in die Zeit vom 13. bis 22. September und waren eine Kombination von Kirmes und Schützenfest. Man fieberte ihnen wie bei allen gleichgearteten Veranstaltungen in den Dörfern des Kreises Sorau schon Wochen und Monate vorher entgegen, und die Vorbereitungen schlugen ausnahmslos alle Familien, Vereine und Lokalbesitzer in ihren Bann. Zur Kirmes kamen Verwandte, Freunde und Bekannte von weither zu Besuch.  Als die Festtage immer näher rückten, kamen die Backerei und Braterei in Gang. Die drei Friedersdorfer Bäcker G. Pfitzmann, R. Martin und Th. Martin konnten den Ansturm der backwütigen Hausfrauen kaum bewältigen. Vor allem wurden Obst-, Mohn- und Quarkkuchen gebacken, und das in solchen Mengen, als ob man den ganzen Kreis Sorau damit bewirten wollte. Inzwischen rollten auch die Schausteller mitt ihren Wagen zum Rummelplatz an. Mosler aus Sorau kam mit Schießbude, Kahnschaukel und Kettenkarussell, Peter Lies brachte seine Würfelbude mit und Würstel- und Zuckerstände vervollständigten das bunte Bild.

Am Sonnabend begann bei einbrechender Dunkelheit der Zapfenstreich. Das Tambourkorps marschierte unter Führung des jüngsten Unteroffiziers im Fackelschein zum Haus des jeweiligen Königs und dem des Schützenmajors A. Heinrich (Kretscham). Beim Vereinswirt Schmidt löste sich etwa um Mitternacht der Zug auf. Der Sonntag begann um 7 Uhr mit dem obligaten Wecken und anschließend gab die Kapelle Ludwig aus Altkleppen ein Morgenständchen. Um 13 Uhr traten dann die drei Schützenkompanien vor dem Lokal des Vereinswirts an und unter anfeuernder Marschmusik ging es, mit dem Major hoch zu Roß, zum Gutshof, wo die drei Fahnen abgeholt wurden. Nach Abholung des Schützenkönigs begann der große Umzug durch das Dorf, der auf dem Schützenplatz endete, wo ihn eine große Menschenmenge erwartete. 

Nach dieser Strapaze löschte erst einmal jeder seinen Durst am Bierzelt, denn man hatte immerhin etwa 6 bis 7 Kilometer marschierend zurückgelegt. Die Königsscheibe, die der Scheibengucker Unteroffizier Otto Hoffmann dem Festzug vorangetragen hatte, wurde mit Musik an ihren Stand gebracht. Hervorzuheben ist die moderne Ausrüstung des Schießstandes, der 125 m lang und mit Telefon und Scheibenroller versehen war. Bei Dunkelheit wurden die Fahnen wieder zum Gutshof getragen und es begann dann in beiden Sälen bis in die frühen Morgenstunden der Tanz für jung und alt. Es soll tatsächlich Schützenbrüder gegeben haben, die beim Antreten am Montag um 11 Uhr noch kein Auge zugetan hatten. Das Königsfrühstück wurde ebenfalls am Montag gereicht. Etwa um 17 Uhr war das Königsschießen beendet und der neue König wurde feierlich proklamiert. Nach Einbruch der Dunkelheit stieg ein vom Gutsherrn gestiftetes Feuerwerk zum Himmel empor. 

Vierzehn Tage nach dem Schützenfest fand dann der offizielle Königsball mit Abendessen und allen alkoholischen Schikanen statt. Mit der Königswürde war auch eine urkundlich festgelegte Ehrengabe verbunden, und zwar stiftete der Gutsherr zwei Morgen gedüngte Wiese und jeder Schützenbruder hatte eine Mark als Königssold zu entrichten. 

Eine Anzahl der besonders humorvollen Schützenbrüder ist mir noch bekannt und ich möchte ihre Namen zumindest den älteren unter unseren Friedersdorfer Landsleuten nicht vorenthalten: Wilhelm Müller (Dukatenmüller), der Bergmüller, Müller, der Gardemensch, der Schustermüller, G. Wilhelm (Krause), Bernhard Wilhelm, August Mettke, Gustav Wilhelm (Bim), Gustav Schmidt (Zwiebel), Gustav Walter (Hofens I), Karl Gritzbach, Robert Langner, Gottlieb Lehmann, Karl Sündermann und von den Jüngeren: Richard Wilhelm (Tischler), Alfred Martin (Schlachter), Richard Martin und Alfons Martin (Bäcker)."

Sorauer Tageblatt vom 10.09.1936 

Friedersdorf. 9. September. Die hiesige Schützengilde hielt im Schützenheim eine Generalversammlung ab. Der Schützenälteste begrüßte die Schützenbrüder herzlich. Nach dem Verlesen der Niederschrift wurde über das diesjährige Hauptschießen beraten. Dasselbe soll wieder, wie alljährlich, an den Kirmestagen abgehalten werden, und zwar am 20. und 21. September. Die Musik hat wieder die Stadtkapelle Sorau übernommen. Nachdem noch Vereinsfragen behandelt worden waren, wurde die Versammlung mit einem Hoch auf den diesjährigen Schützenkönig geschlossen. 

Sorauer Tageblatt vom 23.09.1936 

Friedersdorf. 22. September. Das seit 130 Jahren abgehaltene Schützenfest, dass alljährlich an den Kirmestagen stattfindet, war auch in diesem Jahr von Bewohnern der näheren und weiteren Umgebung sehr zahlreich besucht. Nach einem Zapfenstreich am Sonnabendabend erfolgte Sonntag früh Wecken durch das Tambourkorps mit den üblichen Ständchen. Am Nachmittag trafen die Gäste sehr zahlreich in dem festlich geschmückten Dorfe ein, um dem Ausmarsch der Schützen in ihren prächtigen Uniformen beizuwohnen. Unter den schattigen Bäumen des Schützenplatzes entwickelte sich bald ein reges Leben und Treiben. Für Unterhaltung war auch in diesem Jahre reichlich gesorgt. Frohe Stimmung herrschte hier bei allen Teilnehmern bis zum Einmarsch, der unter zahlreicher Beteilung von jung und alt vor sich ging. Ein Tanzkränzchen in allen Sälen beschloß den wohlgelungenen ersten Festtag. Ebenfalls von prächtigem Wetter begünstigt war der zweite Tag, der dem Kampf um die Königswürde gilt. Nach dem Ummarsch wurde bei dem vorjährigen König Artur Pfitzmann das Frühstück eingenommen, das einen anregenden Verlauf nahm. Am Nachmittag knallten lustig die Büchsen und jeder Schütze war bestrebt, die Königswürde zu erringen. Dies gelang dem Kameraden Willy Lehmann, während erster bzw. zweiter Ritter die Kameraden Heinze und Jentsch wurden. Mit markigen Worten nahm auf dem Festplatz der Führer der Gilde, Tischlermeister Wilhelm, die Proklamation der neuen Würdenträger vor. Nach dem Zapfenstreich erfolgte der Einmarsch nach dem Gutshof, wo sich der Zug nach einer Ansprache von Major Jaenicke-Rößler auflöste. In den Tanzsälen wurde das Schützenfest weiter gefeiert. Bis in die frühen Morgenstunden herrschte bei allen Veranstaltungen der Schützengilde übliche frohe Stimmung. Es war wieder ein Volksfest im wahrsten Sinne des Wortes. 

 

 

 

 

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